Problematische Verfahrenshilfebewilligungen am LG Linz

Ein Rechtsanwalt aus Oberösterreich wurde in einem Verfahren vor dem LG Linz zum Verfahrenshelfer bestellt. Seine Kanzlei prüfte die Ansprüche im Detail und kam zum Ergebnis, dass diese nicht bestehen. Die Kanzlei berichtete dies dem Gericht und stellte den Antrag, dass die Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit für erloschen erklärt werde. Diesem Antrag kam der Richter nach und beendete die Verfahrenshilfe antragsgemäß.

Eineinhalb Jahre später wurde von einer anderen Richterin des LG Linz für den exakt selben Sachverhalt neuerlich Verfahrenshilfe bewilligt und der Kollege zum Verfahrenshelfer bestellt. Auch war dem Beschluss nicht ansatzweise erkennbar, was der Umfang der Verfahrenshilfe war.

Seine Rechtsanwaltskanzlei machte die Richterin telefonisch auf diese Problematik aufmerksam, worauf diese antwortete, sie hätte sich so etwas schon bei der Bestellung gedacht (sie wies im Schreiben an die Rechtsanwaltskammer ja auch bereits auf den Namen des Kollegen hin), sie habe aber den Akt nicht bei sich und könne dazu nichts sagen. Die Kanzlei solle das einfach noch einmal prüfen.

Daraufhin stellte der Rechtsanwalt unter Hinweis auf die über denselben Sachverhalt ergangene Entscheidung, mit der die Verfahrenshilfe im Jahr 2020 für erloschen erklärt wurde, neuerlich den Antrag, auch diese Verfahrenshilfe für erloschen zu erklären. Der Antrag wurde inhaltlich detailliert begründet. Die Begründung wurde auch darauf gestützt, dass aufgrund der Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht klar war, was der Umfang der Verfahrenshilfe war.

Die Richterin wies diesen Antrag ab, wogegen die Kanzlei Rekurs an das OLG Linz erhob. Das OLG Linz gab dem Rekurs folge und hielt fest, dass das Erstgericht  zuerst hätte klären müssen, aufgrund welchen Vorbringens welche Ansprüche der Verfahrensbeholfenen gegen wen geltend gemacht werden sollte. Dazu wörtlich:

Das Erstgericht hat jedoch im angefochtenen Beschluss weder geklärt, mit welchen Sachverhaltsbehauptungen die Klägerin welche Ansprüche gegen wen geltend machen will, noch mittels einer Schlüssigkeitsprüfung (auch unter Berücksichtigung der Beweislage; vgl dazu M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ § 63 ZPO Rz 20) nachvollziehbar rechtlich beurteilt, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach der sofort erkennbaren Lage eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich habe.“

Dies hätte das Erstgericht von Amts wegen durchführen müssen.

Die Erstrichterin kam anschließend dem Auftrag des OLG Linz zur Erhebung des Sachverhaltes nach und erklärte die Verfahrenshilfe dann doch für erloschen. Diese Vorgangsweise hatte dem Rechtsanwalt aber grundlos sehr viel Arbeit verursacht.

Verfahrenshilfeanträge müssen von den Gerichten nicht nur hinsichtlich der Vermögenssituation, sondern auch inhaltlich genau geprüft werden; insbesondere dahingehend, welche Ansprüche gegen wen erhoben werden sollen, ob derartige Ansprüche schlüssig sind und ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach der erkennbaren Lage eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich habe.