Diskriminierung der freien Berufe iZm Gesundheitsdienstleistungen und Energiekostenzuschuss

Im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hat die Politik wiederholt diverse Gesundheitsleistungen des Bundes versprochen, die allen in Österreich lebenden Personen zuteil werden sollten. De facto wurden jedoch ganze Berufsgruppen davon ausgeschlossen.

Selbständige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte unterliegen hinsichtlich der Sozialversicherung besonderen Bestimmungen. Da die Möglichkeit besteht, sich im Gruppenkrankenversicherungsvertrag bei der jeweiligen Rechtsanwaltskammer versichern zu lassen, sind diese Personen aus der Pflichtversicherung nach § 5 GSVG ausgenommen (Opting Out). Gleiches gilt auch für zahlreiche weitere Angehörige anderer freier Berufe.

Die versprochenen Gesundheitsleistungen wurden jedoch regelmäßig an den aufrechten Bestand einer gesetzlichen Pflichtversicherung geknüpft und den Opting Out Versicherten verwehrt. Dies betraf die kostenlosen Antigentests (bzw ab Sommer 2021 auch PCR-Tests) in den öffentlichen Apotheken, die monatliche Ausgabe von kostenlosen Selbsttests sowie weiterhin das Impfangebot bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten. Da all diese Leistungen steuerfinanziert sind, müssen die Angehörigen der freien Berufe finanziell dafür aufkommen, erhalten jedoch selbst gleichheitswidrig keine Leistungen. Konkret betrifft das über 11.000 Hauptversicherte und ca 6.500 Mitversicherte in den freien Berufen, also auch pensionierte Freiberuflerinnen und Freiberufler und deren Witwen bzw Witwer und Hinterbliebene.

Der ÖRAK hat das BMSGPK mehrfach auf diesen Missstand hingewiesen und aufgefordert, die Benachteiligung zu beenden.

Eine Lösung wäre in Anlehnung an § 132b ASVG, welcher die Verrechenbarkeit von Vorsorgeuntersuchungen („Gesundenuntersuchungen“) in ärztlichen Ordinationen im Wege der Österreichischen Gesundheitskasse mit Refundierung der Aufwände durch den Bund seit Jahrzehnten problemlos regelt, legistisch ohne Aufwand möglich.

Als Vorwand für die ungleiche Ausgestaltung der gesetzlichen Bestimmungen hat das BMSGPK stets angeführt, dass die technischen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Der ÖRAK hat jedoch auf eigene Initiative gemeinsam mit den anderen freien Berufen und dem Dachverband der österreichischen Sozialversicherung die Möglichkeit für alle Freiberuflerinnen und Freiberufler geschaffen, eine e-Card zu beantragen. Damit können die Mitglieder der freien Berufe über die Kartenlesegeräte in den Apotheken und Arztpraxen ebenso wie sozialversicherte Personen identifiziert und zugeordnet werden.

Mit der Umstellung und Reduktion der bundesweiten Teststrategie wurden mit 09.04.2022 endlich auch Opting Out Versicherte in die steuerfinanzierten Gesundheitsleistungen des Bundes einbezogen und bekamen einen Anspruch auf jeweils fünf kostenlose Antigen- und PCR-Tests zur Eigenanwendung.

Durch das starke Zurückfahren des Testangebots sieht § 3 COVID-19-ScreeningV vor, dass vor dem 01.04.2022 ausgegebene PCR-Testkits neben den fünf regulären Tests nur noch bis 30.04.2022 verwendet werden konnten, wobei die Testhäufigkeit für diese zusätzlichen Tests auf höchstens fünf Tests pro Person beschränkt ist. Per Verordnung wurden unzählige einsatzbereite PCR-Testkits, die von den Freiberuflerinnen und Freiberuflern als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mitfinanziert wurden, jedoch nicht genutzt werden durften, als Plastikmüll entsorgt!

Der ÖRAK fordert auch für die Zukunft eine Gleichbehandlung der gem § 5 GSVG Opting Out Versicherten in Bezug auf allgemeine, aus Steuermitteln finanzierte Gesundheitsleistungen des Bundes.

Leider hat die Diskriminierung der freien Berufe System! Mit dem Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz (UEZG, BGBl I 2022/117 idF BGBl I 2023/92) hat der Nationalrat eine Unterstützungsmaßnahme für energieintensive Unternehmen in Bezug auf die derzeit hohen Energiekosten geschaffen. Für einen Förderungsanspruch sieht das Gesetz einen Schwellenwert der Energie- und Strombeschaffungskosten von 3% des Produktionswertes vor.

Neben diesen sachlich begründbaren Kriterien wurde durch die Förderungsrichtlinie (Energiekostenzuschuss I) jedoch eine weitere – völlig unsachgemäße und willkürlich diskriminierende – Maßnahme eingeführt, nämlich die Unterscheidung zwischen gewerblich und freiberuflich tätigen Unternehmen.

Damit werden 87.000 freiberuflich tätige Menschen von vornherein von staatlichen Leistungen ausgeschlossen, obwohl diese gleichermaßen von den steigenden Energie- und Treibstoffpreisen betroffen sind.

Auch von der Energiekostenpauschale für Kleinst- und Kleinunternehmerinnen und -unternehmern sind die Angehörigen der freien Berufe ebenso ausgeschlossen wie vom mit BGBl I 2023/101 eingeführten Energiekostenzuschuss, der zugunsten der „Neuen Selbständigen“ gesetzlich verankert wurde.

Nach zwischendurch anderslautenden Signalen aus der Politik wurde die Diskriminierung der freien Berufe mit dem Energiekostenzuschuss II fortgesetzt. Obwohl die Förderungsrichtlinie erst am 08.11.2023 veröffentlicht wurde, musste als Voraussetzung für die spätere Antragstellung bereits bis 02.11.2023 eine Voranmeldung durchgeführt werden, zu der Freiberuflerinnen und Freiberufler nicht zugelassen waren. Ihr erneuter sachlich ungerechtfertigter Ausschluss von der UEZG-Förderung wurde mit Veröffentlichung der Richtlinie wie schon bei den vorangegangenen Förderungen nicht begründet.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind unternehmerisch tätig und damit gleichwertig am Wirtschaftsleben partizipierend wie mit einer Gewerbeberechtigung ausgestattete Unternehmerinnen und Unternehmer. Sie müssen Geschäftsräume erhalten, schaffen Arbeitsplätze, zahlen Abgaben und Steuern und müssen selbstverständlich auch die in ihrem Unternehmen anfallenden Energiekosten finanzieren.

Es ist daher schlichtweg nicht nachvollziehbar, weshalb es im Rahmen von staatlichen Förderungen zu einer Ungleichbehandlung kommen soll.

Der ÖRAK fordert, staatliche Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmerinnen und Unternehmer nichtdiskriminierend und damit verfassungskonform auszugestalten.